
Das Echo des Codes
Category:Allgemein.
Der Umzug ins Schweigen
Die Monate waren nicht vergangen, sie waren verrottet. Wuth-IT hatte Erfolg, ja – neue Aufträge, ein Ruf, der sich wie ein Virus im Ort verbreitete. Doch mit dem Aufstieg kam das Echo der Vergangenheit. Das alte Horrorhaus, jener Moloch aus Schatten und bösen Nächten, sollte fallen. Ein Abriss. Eine Erlösung, die sich falsch anfühlte.
Thomas, Heinz und Lothar brauchten neue Räume. Die Wahl fiel auf die alte Holzhandlung in Ganderkesee, direkt am Übergang, wo die Züge wie tödliche Atemzüge vorbeidonnerten. Ein Bauwerk, das nicht ehrwürdig, sondern ermüdet war, durchtränkt von der Stille seit dem Januar. Nur der Vorbesitzer, Gerd, hatte das kalte Skelett des Gebäudes ab und an betreten, aber im Grunde war der Ort vergessen, verwaist, ein lauernder Schatten.
Und nun, ausgerechnet in der Todesstunde des Oktobers, zu Halloween, hatten die drei den Umzug beendet. Uralte Holzbalken, die keuchten und knarrten bei jedem Windstoß, endlose Gänge, in denen der Geruch von modrigem Harz und jahrzehntelangem Staub hing. Sie stellten ihre Technik auf, die Kabel zogen sich wie bleiche Adern durch den Schmutz. Der Wind heulte nicht nur, er weinte durch die Ritzen, und aus den Tiefen des Gebäudes schlug eine Tür, unaufhörlich, rhythmisch, obwohl sie mit Eisenriegeln versiegelt war.
„Musste es wirklich diese Nacht sein?“, knurrte Heinz und fixierte einen gigantischen Schrank, dessen monströser Schatten an der Wand zu pulsieren schien.
Thomas lächelte nicht, er verzog nur das Gesicht. „Ein bisschen Gänsehaut kann nicht schaden, Heinz. Nur Atmosphäre.“
Doch Lothar, der wie besessen den zentralen Server hochzerrte, sah es zuerst: Ein kalte Welle digitaler Panik, die die Bildschirme peitschte. Ein unheilvolles, tiefes Summen saugte die Stille auf, als würde das Fundament des Hauses selbst gegen die neue Technik protestieren. Auf dem Hauptmonitor erschien, wie aus dem Nichts, eine Nachricht:
Die drei Techniker froren ein. War es ein Fehler? Eine Verfluchung alter Hardware? Oder war es bereits hier?
Draußen tobte der Sturm, der Bahnübergang brüllte auf. Im Büro knisterte der Boden, ein Geräusch wie schleifendes Leder, das sich zwischen den Schreibtischen hindurchzog.
„Nicht schon wieder…“, hauchte Heinz, doch sein Satz erstarb. Denn von draußen kam ein Klopfen. Erst zaghaft, dann bohrend, dann rasend, wie Kinderfäuste, die in Panik gegen die schwere Holztür hämmern.
Die drei sahen sich an, jeder Herzschlag ein Trommelschlag. Thomas bewegte sich, langsam, wie ferngesteuert, zur Tür, griff die eiskalte Klinke – und riss sie ruckartig auf.
Ein Schwall eiskalter, grabesgleicher Luft traf sie. Davor stand eine Horde Kinder, Masken zu schrecklichen Fratzen verzerrt. „Süßes oder Saures!“, krächzten sie im Chor, ihre Augenhöhlen tief und dunkel.
Die Stille nach dem Schock war unerträglich. Dann, ein krachender Lachanfall von Heinz. Thomas schüttelte sich, griff nach der Bonbon-Schüssel, die ihm plötzlich unendlich schwer vorkam. Lothar atmete, aber die Beklemmung blieb.
Die Erleichterung war verlogen. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, zuckte die Server-Anzeige. Eine letzte, blutrote Zeile pulsiert in der Dunkelheit:
D A S S P I E L B E G I N N T E R S T …
Das Echo des Codes
Die Tür war kaum geschlossen, da sank die Stille zurück, schwer und tödlich. Nur eine alte Standuhr tickte irgendwo, hämmerte gegen die Leere. „Das Spiel beginnt erst …“ murmelte Lothar, die Brille auf der Nase zitternd. „Das ist kein Streich. Das ist eine Warnung.“
Ein quälendes Knirschen ließ sie herumfahren. Die Schiebetür am Ende des Raumes, die verriegelt war, glitt auf. Langsam. Dahinter lag schwarze Tinte – ein Gang, den sie gemieden hatten. Aus der Dunkelheit schleimte ein Flüstern, ein Klang wie gequälte Datenströme, unheilvoller als der finsterste Computercode.
Thomas aktivierte seine Taschenlampe – doch sie gab nur ein sterbendes Flackern von sich. „Mist.“ Heinz erwiderte mit galgenhumoriger Kälte: „Dein Glück. Wahrscheinlich dieselbe verfluchte Technik wie immer.“
Sie schlichen in den Gang. Überall klammerten sich Holzreste und rostige Nägel fest. Die Schatten tanzten wie Dämonen an den Wänden, verzerrten sich zu Grimassen des Wahnsinns. Plötzlich – das Geräusch des Unmöglichen: Ein tiefes, grollendes Brummen, gefolgt vom metallischen, repetitiven Rasseln von Festplatten. Ein Server startete.
„Hier ist kein Server,“ presste Heinz hervor, seine Stimme dünn. „Es sei denn, Gerd hat eine Hölle der Daten versteckt.“
Das Lachen erstickte ihnen in der Kehle. Am Ende des Ganges, in einem Nebenraum, stand ein alter Holztisch. Darauf: Ein vergilbter, knisternder Röhrenmonitor. Ein Gesicht formte sich im qualmenden Flimmern, gezeichnet aus reinen Pixeln und boshaften Linien. Es grinste sie an, als hätte es Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet.
„Ihr habt mich geweckt,“ knisterte eine Stimme aus dem Lautsprecher, verzerrt und kalt wie das Grab. „Dieses Haus hat einen Wächter. Und der bin ich.“
Lothar stieß ein panisches „Nicht schon wieder!“ aus. Thomas flüsterte, gebrochen: „Weil wir die Idioten sind, die zu Halloween umziehen.“
Gerade als die Angst sie zerreißen wollte, explodierte die Außentür. Ein dröhnendes, wuchtiges Klopfen. Schwerer. Böser.
Heinz schluckte hörbar. „Wenn das wieder Kinder sind, füttere ich sie mit dem Kabelbaum.“
Sie rissen die Tür auf. Wieder die Kinder, aber mehr, ihre Kostüme verzweifelt realistisch. „Süüüßes oder Saures!!“ kreischte der Chor. Ein kleiner, mit blutunterlaufenen Augen bemalter Junge, fügte flüsternd hinzu: „Oder der Ghost-Code holt euch!“
Die drei zitterten. Dann zerbrach die Spannung in hysterischem Gelächter. Thomas verteilte Bonbons, die Hand bebte. Heinz spottete: „Ihr hattet Glück. Wir hatten gerade einen Dateien-Dämon an der Strippe.“
Als das fremde Lachen der Kinder verstummte, spürte Lothar, wie eiskalte Luft seinen Nacken streifte. Er drehte sich um. Im Büro flackerte der alte Röhrenmonitor. Das Pixelgesicht grinste noch immer – aber diesmal wurde es schärfer, klarer.
Und es zwinkerte ihm zu.
Vielleicht, dachte Lothar, ist der Spuk in dieser Holzhandlung nicht einfach böse. Er will nicht nur spielen. Er will gewinnen.
Lesen Sie auch die Geschichten der Vorjahre:
Wuth-IT Computer Service ist immer für Sie da, um Ihre Computer Probleme zu beheben.
